Heimatgeschichte

Abschrift: Torgauer Zeitung, Heimatgeschichte, 07.12.2001

Ist Weßnig die älteste der hiesigen christlichen Kirchen ?


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Torgau und Belgern wurden schon im Jahre 973, Weßnig erst 242 Jahre später erstmals urkundlich erwähnt. Und trotzdem sei Letztere die älteste Kirche der Umgebung. Die Torgauer sei eine Gründung des Wettiners Thimo in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts und verblieb zunächst beim Sprengel Weßnig. Erst „nach 1255 habe Bischof Konrad von Meißen die Kirche in Torgau deutlich von den beiden Pfarrkirchen Weßnig und Altbelgern unterschieden.“ Die zunehmende Bedeutung der Stadt Torgau, die zur wettinischen Residenz wurde, hat dazu geführt. Torgau wurde Sitz eines Landesdekanats, während Weßnig zur Bedeutungslosigkeit herabsank. Warum aber gerade Weßnig anfangs eine solche Bedeutung hatte, bleibt ein Geheimnis. Seine Lage im Zentrum eines rein slawischen Siedlingsgebietes dürfte ein Grund dafür sein.

Am Anfang stand Bekehrung

Nach der deutschen Besitznahme galt das eroberte Slawenland in seiner Gesamtheit als Königsland. Nur über die Ansiedlund deutscher Siedler und die Bekehrung der verbliebenen Bevölkerung zum Christentum konnte eine Befriedung des Landes erreicht werden. Kirchliche Stützpunkte mussten geschaffen werden. Drei Arten kannte man damals, die Burgkirche in den Befestigungen entlang der Elbe, die Landeskirchen für die außerhalb der Burg wohnende christliche Bevölkerung und „einen sehr alten Kirchetypus, die Missionsstation, ursprünglich ohne festen Sprengel.“ Eine solche wurde in Weßnig gegründet. Bei Schlesinger heißt es dazu: „Die Weßniger Kirchfahrt umfasste 1529 außer drei Vorwerken nur noch vier Beidörfer, darunter das Dorf Mehderitzsch, das 1251 der Weßniger Kirche ganz gehörte und ihre ursprüngliche Ausstattung gebildte haben muss, ein weiteres Zeichen ihren hohen Alters. Nicht bei den Landesburgen Belger und Torgau, sondern abseits davon ist wiederum hier eine Missionsstation gegründet worden. Weshalb gerade in Weßnig, wissen wir nicht, denn ein Bericht, wie wir ihn von anderen in Thietmars Chronik besitzen, fehlt.“ Anfangs gehörte das Schildauer Siedlungsgebiet zu Eilenburg. In Eilenburg, seit dem Jahre 1000 im Besitz der Wettiner, war noch 1161 das Pfarrrecht mit der Burgkapelle verbunden. Um 1070 hattte man die Mulde als Bistumsgrenze zwischen Magdeburg und Meißen festgesetzt. Aber noch 1161 war Eilenburg der kirchliche Mittelpunkt für den hiesigen Allodialbesitz des Markgarfen Dietrich von der Lausitz, der sich bis an das Waldgebiet um Schildau hinüberzog, das damals gerodet wurde. Die Parochie muss also um 1070 bereits bestanden haben und auch bestehen geblieben sein. Auch die große Pfarrei Altbelgern kam 1070 zu Meißen. Belgern wurde bereits 973 als Hauptort der Landschaft Nicici genannt. Auch Thietmar gedenkt des Ortes wiederholt. Er war zu jener Zeit ein wichtiger Platz an der mittleren Elbe, den die Polen 1017 vergeblich belagerten, in dem 1010 ein Hoftag stattfand, wo sich das Heer für einen Feldzug gegen Polen sammelte. Eine Kirche wird hier früh vorhanden gewesen sein, obwohl sie in Urkunden erst 1202 auftaucht. Mit der von Altbelgern ist sie nicht identisch, denn die Burg mit der dazugehörigen Kapelle lag links, Altbelgern ziemlich weit abseits auf der rechten Elbseite. Zu Altbelgern gehörten acht Tochterkirchen mit mehr als 60 Dörfern. Die Mehrheit waren slawische Altsiedlungen. Die Größe der Altbelgerner Parochie deutet auf ihr hohes Alter hin. Heute ist Altbelgern ein unbedeutender Ort, mit Belgern nicht vergleichbar. Ihre alte Bedeutung hat die Kirche nicht bewahren können. Die aufstrebende Stadt Mühlberg übernahm sie, in ihr war später auch der Sitz eines Erzpriesters.

Weßnig war die Mutterkirche

Ähnlich war das Schicksal einer weiteren Pfarrei an der Elbe, die Altbelgern an Alter noch übertrifft und in der Kirchengeschichte als die älteste in dieser Gegend gesehen wird. Sie befand sich in Weßnig. 1251 erscheint sie in enger Verbindung mit der Kirche von Torgau, an die sie später ihre Bedeutung verlor. Die Pfarrkirche – parochia – in Weßnig und die Kirche – ecclesia – in Torgau hatten damals zusammen 15 Filialkirchen. Man könnte der Meinung sein, die von Torgau sei die ältere und auch die bedeutendere Kirche, denn wie Belgern erscheint auch Torgau bereits 973 als Burgmittelpunkt einer Landschaft Klein-Neletici, und 1119 befand sich hier ein wettinisches Herrengut, bei dem auch ein Markt vorhanden war. Weßnig dagegen war stets ein in weltlicher Hinsicht unbedeutendes Dorf, dessen Namen allerdings im 13. Jahrhundert ein Herrengeschlecht der Wettiner annahm. Als erster wird im Jahre 1215 Otto von Wehsenig erwähnt, als Vasall Ottos, Vogt von Eilenburg. Um diese Zeit stellt man „die parochia in Weznik der ecclesia in Turgowe“ voran und ordnet sie deutlich über. Als im Jahre 1243 alle drei Kirchen (Weßnig, Torgau und Altbelgern) von Markgraf Heinrich dem Erlauchten dem Jungfrauenkloster in Torgau geschenkt wurden, stand auch die Kirche in Altbelgern im gleichen Verhältnis der Unterordnung zu der in Weßnig. Eine Neuregulierung erfolgte wahrscheinlich Mitte des 13. Jahrhunderts. Aus der Pfarrei Weßnig wurde zwischen 1243 und 1251 die Pfarrei Altbelgern ausgeschieden, wo einen Filialkirche schon lange existierte.

Wenn aber Weßnig die Mutterkirche von Altbelgern ist, so muss sie bereits im 10. Jahrhundert gegründet worden sein, lange vor der Ersterwähnung des Ortes. Abseits einer Burg hat man hier im slawischen Siedlungsgebiet einen sehr alten Kirchentypus, eine Missionsstation gegründet, ursprünglich ohne festen Sprengel (Bezirk). Durch Schenkung aus Königsbesitz sei sie vermutlich im 11. Jahrhundert als deren Eigenkirche in den Besitz der Wettiner gelangt.

Quellen:

Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter / Schlesinger;
Besitzstand des Kloster Nimbschen in und um Torgau / Seidel, StA. Tg.

H.-J. Füssel

Abschrift: Torgauer Zeitung, Heimatgeschichte, 07.12.2001